Artikel BZ am Wochenende, Region
Samstag, 13. August 2022, Dimitri Hofer
Jagd auf Distelfinken schockt Vogelfreunde
Ein Mann hat im Baselbiet versucht, die Vögel illegal einzufangen. Die Tiere sind wegen ihres schönen Gefieders und ihres Gesangs beliebt. Mit seiner rot-weiss-schwarzen Kopfzeichnung ist der Distelfink
wunderschön anzuschauen. Der auch Stieglitz genannte Vogel zwitschert laut und hastig mit einigen Schnörkeln. Seit der Römerzeit halten Menschen das Tier deshalb gerne in Käfigen.
In freier Wildbahn kommt der Distelfink fast auf der ganzen Welt vor. Die Schweiz beherbergt 50 000 bis 70 000 Brutpaare der Vögel. Auf einige der Tiere hatte es am vergangenen Sonntag ein Mann auf der Ebene zwischen Aesch und Reinach abgesehen. «Er wurde von einem unserer Mitglieder beobachtet, wie er mit einem Schlagnetz und einem Käfig mit Lockvögeln illegal Distelfinken fangen wollte», sagt Gerhard von Ah, Vizepräsident des Natur-und Vogelschutzvereins Aesch-Pfeffingen. Dank des Eingreifens des Vereinsmitglieds sei es gelungen, das Vorhaben zu unterbinden.
Der Mann habe betont, übereine Bewilligung zu verfügen, und sich entfernt. «Wir sind total perplex, dass so etwas bei uns möglich ist», sagt von Ah. Durch solche Aktionen würden die Bestrebungen, das Gebiet zwischen Aesch und Reinach aufzuwerten, konterkariert.
Mann besass vom KantonBaselland keine Bewilligung. Um Distelfinken in der Schweiz halten zu können, ist eine Bewilligung notwendig. Dasselbe gilt, wenn sie in der Natur gefangen
werden. «Stieglitze dürfen lediglich zu Monitoringzwecken gefangen werden», erklärt Gabriel Sutter, Fachspezialist Jagd beim Amt für Wald beider Basel.
Ein derartiges Gesuch an den Kanton Baselland liege aktuell nicht vor. Deshalb ist klar: Über
eine kantonale Bewilligung verfügt der Mann nicht.
Fängt jemand ohne Bewilligung Distelfinken, droht eine Busse bis zu mehreren Tausend
Franken. «Es handelt sich um eine Widerhandlung gegen die nationale und kantonale Jagdge-setzgebung», sagt Sutter. Dies sei bei der Jagd auf sämtliche Tiere der Fall, die von Gesetzes
wegen nicht als bejagbar gelten.
Bejagbare Vogelarten sind etwa die Rabenkrähe , die Ringeltaube und die Stockente. Wer diese
Vögel jagen will, benötigt eine gültige Jagdlizenz. Gemäss Gabriel Sutter existierten im Baselbiet derzeit rund zwanzig registrierte Distelfink-Haltende.
Vor allem im Mittelmeerraum ist es weit verbreitet, Stieglitze in Käfigen zu halten, um sich am schönen Gefieder und am Gesang zu erfreuen. «Ich habe dort selber Käfige mit den Tieren gesehen»,
sagt Raffael Ayé. Dem Geschäftsführer von Birdlife Schweiz sind aus den vergangenen Jahren zwei
Fälle bekannt, in denen illegal Distelfinken gejagt wurden. «Vor rund drei Jahren wurde uns ein Fall zugetragen, der sich im Elsass, nur wenige Hundert Meter von der Schweizer Grenze entfernt, ereignet hatte.» Im Bündnerland sei ebenfalls ein Fall von illegaler Jagd auf Distelfinken dokumentiert. Auch
wenn es sich um sporadische Fälle handle, stellt Ayé fest: «Anscheinend werden diese Tiere illegal gefangen.»
Die Population der Stieglitze ist in der Schweiz in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar stabil. «Dennoch ist es inakzeptabel, die Tiere unrechtmässig zu fangen», sagt Raffael Ayé.
«Wenn man seinen Garten naturnah mit einheimischen Pflanzen und gutem Samenangebot
einrichtet, ist die Chance intakt, dort Distelfinken zu sehen. Dazu muss man die Tiere nicht fangen.» Stelle man wie im Baselbiet verdächtiges Verhalten fest, solle man dies der Polizei, den zuständigen Wildhütenden und Birdlife Schweiz mitteilen.
Vizepräsident Gerhard von Ah wurde auch tätig: Er hat Strafanzeige gegen unbekannt erstattet.